„50 Mal jonglieren, sonst habt ihr nie eine Chance bei Energie Cottbus“, hallt es über den Kruger Sportplatz. Was heute angesichts der momentanen fussballerischen Lage des FC Energie Cottbus wie eine Drohung klingt, diente Anfang der 2000er Jahre bei der Titania Jugend als zusätzliche Motivationsspritze. Gleichzeitig versuchen einige 11-jährige verzweifelt den Ball mit dem Fuß hochzuhalten und die scheinbar magische Grenze ihres Trainers zu knacken. Doch dieser Eifer liegt nicht einzig und allein darin begründet, dass der Profifussball in der Provinz von Brandenburg lockt, sondern daran hat insbesondere der Mann seinen Anteil, der diese Worte gezielt in Richtung seiner Spieler spricht. Dieter Süßbier.
Wer Titania meint, meint Süßbier. Will man diesen Sonderstatus der Vereinsikone verstehen, muss man den passionierten Zigarrenraucher persönlich kennengelernt haben. Aufgeschlossen, ehrlich, unverstellt und um keinen Spruch verlegen tritt er jedem auf Augenhöhe gegenüber. Doch nicht nur der Mensch Süßbier ist in Kruge inzwischen Kult, vor allem seine, für den Sportverein, erbrachten Leistungen sind es.
1953 trat der Altmeister der damaligen BSG Traktor Kruge bei und jagte als Aktiver dem runden Leder nach. Im Jahr 1962 bekleidete Süßbier den Posten des Sektionsleiters Fussball, welchen er bis heute inne hat. Über den Sektionsleiter kam er schließlich auch zum Schiedsrichter. Von 1971 bis zum 11. Juni 2005 pfiff er unzählige Begegnungen auf dem Fussballfeld. Darüber hinaus war er 1973 bis 1990 Vorsitzender der Rechtskommission des KFA Fussball Bad Freienwalde. Und von 1972 bis 1983 gehörte er der Rechtskommission des BFA Frankfurt (Oder) an. Auch für die Kruger Fussballjugend leistete Süßbier zuverlässig seine Dienste. Ob als Übungsleiter, Wäschefrau oder Fahrdienst. Süßbier war stets und selbstverständlich zur Stelle.
Ein Umstand, der jedoch für einen kleinen Sportverein auch Gefahren birgt. Und so schwebte scheinbar der Gedanke „Wenn keiner da ist, unser Dieter wird es schon richten!“ über allem. So schien sich die Kruger Fussballgemeinde viele Jahre auf dem Tatendrang des Titania Urgesteins auszuruhen. Man verpasste es schlichtweg, die anfallenden Lasten auf mehrere Schultern zu verteilen. Daran hatte allerdings auch Süßbier selbst entscheidenden Anteil. Tat sich die Legende doch sichtlich schwer darin, vermehrt ins zweite Glied zu rücken und die nächste Generation an’s Ruder zu lassen.
Mittlerweile konnte allerdings eine deutliche Kurskorrektur vorgenommen werden. Zahlreiche Projekte wurden in kürzester Zeit durch die eigenen Mitglieder umgesetzt und neue Ideen hervorgebracht. Es ist schlichtweg an der Zeit, dass ein neuer Wind bei den Titanen einkehrt. Diese Veränderungen bedingen jedoch nicht, dass das Geleistete in Vergessenheit gerät. Im Gegenteil, ein jeder sollte sich bewusst sein, dass unser Sportverein nur deshalb weiterhin nahezu unabhängig ist und auf eigenen Beinen steht, weil Dauerkämpfer wie Süßbier ihm jederzeit die nötige Priorität geschenkt haben. Und diese Tugend kann auch der neuen Titania Generation keinesfalls schaden.
Aber alles Ansichtssache.